Archiv für den Monat: November 2010

Am Rande erwähnt (3) – Deep Purple und ich

Die Erkenntnisse eines Wochenendes im November 2010:

  1. Roger Glover kann Bass spielen.
  2. Child in Time ist und bleibt einer der größten Rock-Songs aller Zeiten – auch (oder vielleicht gerade), wenn es in einer klassischen Konzerthalle gespielt wird.

Punkt 1 überrascht nicht wirklich, sollte man meinen, schließlich ist Roger Glover über 40 Jahre Bassspieler, davon die meiste Zeit bei Deep Purple. Zusammen mit Schlagzeuger Ian Paice bildet er die wohl beste Rythmn Section der Rockgeschichte (die eine oder andere Bewertung in diesem Beitrag könnte eventuell – zumindest etwas – subjektiv eingefärbt sein). Nur, was vor nicht allzu langer Zeit (Band-historisch betrachtet) begann, war, dass Roger plötzlich live Solos spielt, ein Vorrecht, dass Jahrzehnte der Gitarre und dem Keyboard bei Deep Purple vorbehalten war. Und was er an diesem Novemberabend in der Mitte des Zugabenteils in der Münchner Olympiahalle bot, hat mich vom (wenn auch imaginären) Hocker gehauen.

Zu Punkt 2 komme ich später. Erst ein Blick zurück. Weit zurück. Ok, relativ weit zurück…

Meine Jugendzeit war – rein musikalisch betrachtet – reichlich indifferent (um es mal vorsichtig auszudrücken). Das Radio lief – oder auch nicht. Die Platte, die mein musikalisches Leben verändern sollte, war Perfect Strangers, mit dem Deep Purple in ihrer legendären Mark 2-Besetzung (Ritchie Blackmore, Ian Gillan, Roger Glover, Jon Lord und Ian Paice) 1984 ihre Rückkehr feierten. 1976 hatte sich die Band – d.h. das, was von ihr zu diesem Zeitpunkt noch übrig war – aufgelöst.

Meine erste eigene Platte (zu einem eigenen Plattenspieler sollte ich es allerdings nicht mehr bringen…) war dann aber nicht Perfect Strangers (das hatte ich schon auf Cassette, noch so ein Medium das im MP3-Zeitalter kaum noch einer kennt), sondern Greatest Purple, ein Doppelalbum mit den Band-Höhepunkten aus den 1960er und 1970er Jahren. Um es kurz zu machen, ich hatte meine Lieblingsband gefunden (und bis heute behalten – auch wenn sich mein musikalisches Spektrum im Laufe der Zeit noch ausweiten sollte…).

Live sollte ich Deep Purple erst im Rahmen der House of Blue Light-Tour sehen. Stuttgart, Schleyerhalle, 18. Februar 1987. Schon Wochen vorher fieberte ich auf den Termin hin. Ziemlich früh war ich dort, um einen (Steh-) Platz weit vorne zu bekommen.

Deep Purple Stuttgart 1987

Deep Purple Stuttgart 1987

Die Vorgruppe war überstanden. Bühnenumbau. Dunkelheit. Die ersten Trommelschläge von Highway Star. Ich glaube, ich bin den Rest des Abends nur mit offenem Mund dagestanden.

Noch im Sommer des gleichen Jahres sah ich Deep Purple das zweite Mal, dieses Mal als Headliner des Monster of Rock-Open Air-Festivals in Pforzheim. Langes Warten in drückender Hitze bis zum Höhepunkt des Tages, der mit Smoke on the Water zu später Stunde ein Ende fand.

1988 brachte eine neue Herausforderung mit sich. Eine Deep Purple-Tour, die nur Konzerte im Norden Deutschlands beinhaltete. Heute setzt man sich an den Rechner, besucht eine Ticketseite wie eventim im Internet, klickt ein paar Mal drauf rum und schon hat man ein Ticket für irgendwo in der Welt. In der alten Welt von 1988 musste man sich erst alle Informationen durch Telefonanrufe besorgen (erinnerst sich noch jemand an die Telefonpreise von vor 20 Jahren? 10 Mark für ein Ferngespräch, abends nach 18 Uhr…). Egal, das Ticket war irgendwann da. Und es konnte nach Köln gehen.

Deep Purple Köln 1987

Deep Purple Köln 1987

Ohne Plan für die Übernachtung blieben wir – ein Studienfreund und ich – nach dem Konzert noch vor der Halle stehen. Und wurden – weit nach Mitternacht – mit Small Talk und Autogrammen belohnt! Ian Gillan, Roger Glover und Jord Lord haben sich bei dieser Gelegenheit auf meinem Ticket verewigt (das ich für den obigen Scan zum ersten Mal seit Jahrzehnten aus seinem Bilderrahmen geholt habe!). Da das Parkhaus der Veranstaltungshalle über Nacht schloss, fuhren wir noch auf den nächstgelegenen Autobahnparkplatz, um dort im Auto zu übernachten…

Bald nach dieser Tour kam der alte Streit in der Band wieder hoch, er endete damit, dass Ian Gillan durch Joe Lynn Turner, einem alten Kumpel Blackmores aus Rainbow-Zeiten, als Sänger ersetzt wurde. Die dabei entstandene Platte Slaves and Masters war ebenso wie der dazugehörende Liveauftritt (mit Burn als Opener, einer Nummer, die zu Gillan-Zeiten nicht gespielt werden konnte, weil sie aus Coverdale-Zeiten stammt – es solle niemand behaupten, dass die Bandgeschichte von Deep Purple einfach zu durchschauen ist!) nicht schlecht, aber Deep Purple ohne Gillan, da fehlte irgendetwas.

Diese Erkenntnis hatten wohl auch andere. Mit The Battle Rages On… ist die alte, d.h. die legendäre Mark 2-Besetzung wieder zusammen. Was folgt, ist eine Tour mit Höhen und Tiefen. Ich hatte das Glück bei einem Mega-Hoch dabei zu sein, dem Purple-Auftritt im September 1993 in der Stuttgarter Schleyerhalle.

Deep Purple Stuttgart 1993

Deep Purple Stuttgart 1993

Nicht nur meiner Meinung nach ist dies eines der besten Konzerte der Mark 2-Formation überhaupt. Und glücklicherweise durch CD-Veröffentlichungen (Live in Stuttgart 1993 bzw. Live Across Europe 1993) für die Nachwelt erhalten.

Live Across Europe 1993 enthält neben dem Stuttgart-Konzert auch ein späteres Konzert derselben Tour aus Birmingham. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und die sich im Birmingham-Mitschnitt andeutende Nacht manifestiert sich schon bald. Ritchie Blackmore verlässt noch während der Battle Rages On-Tour die Band (und wird auch nie wieder zurückkehren).

Joe Satriani hat als Purple-Gitarrist nur ein kurzes Intermezzo. Keine Studioplatte entsteht mit ihm. Es bleibt bei Live-Auftritten. Richtig neues Leben kommt erst mit Steve Morse als Gitarristen in die Band. Neue Platten entstehen, unzählige Touren werden absolviert.

Zwei Konzerte sind mir aus der Steve Morse-Ära in besonderer Erinnerung geblieben.

Zum einen der Auftritt Deep Purples gemeinsam mit dem Romanian Philharmonic Orchestra (und weiteren Gästen) in der Münchner Olympiahalle im Herbst 2000, mit der Wiederaufführung des Concerto For Group And Orchestra aus dem Jahr 1969 . Wie sich erst im Nachhinein herausstellen sollte, war die Concerto-Tour auch schon fast der Abschied Jon Lords von Deep Purple. Er bildete zusammen mit Ian Paice die Konstante in der Besetzungsgesichte der Band. Sie waren immer dabei. Jetzt war aber für Lord Schluss, nicht im Streit wie bei Blackmore, er wollte vielmehr eigenen Projekten außerhalb der Band mehr Zeit widmen. Ersetzt wurde er durch Don Airey, einem in der Rockszene sehr bekannten und geschätztem Keyboarder (laut Wikipedia wirkte er an mehr als 200 Alben mit!).

Zum anderen das Konzert in einem Innenhof des Klosters Benediktbeuern im Sommer 2008. Nicht nur das äußere Ambiente war besonders, vielmehr war es der zweite Gitarrist bei Smoke on the Water: Notker Wolf, seines Zeichens der Abtprimas der benediktinischen Konföderation.

Die anderen Deep Purple-Konzerte stehen den genannten nicht nach, jedes einzelne brachte einen unvergesslichen Abend mit sich. Enttäuscht war ich nie! Vielleicht fehlte mal der eine oder andere Song, den man gerne gehört hätte… Woman from Tokyo oder Speed King beispielsweise – und zu Child in Time komme ich ja noch…

Deep Purple München 2010

Deep Purple München 2010

Jetzt war also Deep Purple-Konzert Nummer 19 an der Reihe, wiedermal in der Münchner Olympiahalle. Damit bin ich wieder ganz am Anfang dieses Berichtes. Die Sache mit Roger und dem Bass…

Aber noch nicht ganz am Ende. Denn an diesem steht Child in Time. Wie es der Zufall so wollte, spielte an einem Wochenende im November 2010 nicht nur Deep Purple, sondern auch Jon Lord live in München. Die Auftrittsorte konnten dabei unterschiedlicher nicht sein, da die Olympiahalle, hier die Philharmonie im Gasteig.

Angekündigt wird der Abend als „Jon Lord in Classic„. Allein auf der Bühne ist Jon allerdings nicht, er wird vom Deutschen Filmorchester Babelsberg unter Leitung von Scott Lawton, der Band Demon’s Eye sowie den beiden Sängern Steve Balsamo und Kasia Laska begleitet. Diese Besetzung ist nicht nur ein Versprechen, sie übertrifft alles, was ich von dem Abend erwartet hatte.

Jon Lord München 2010

Jon Lord München 2010

Mit den Worten „It’s always the guitarist“ – der Konzertauftakt durch den Demon’s Eye-Gitarristen stockte – hatte Jon die Lacher auf seiner Seite (wer sollte dabei nicht an den alten Ärger mit Blackmore denken). Was folgte war die komplette Aufführung des oben schon erwähnten Concertos. Im Gegensatz zu meinem ersten Live-Erlebnis nun auch noch in passender Umgebung! In der zweiten Konzerthälfte ging es mit dem Machine Head-Klassiker Pictures of Home weiter. Im Anschluss die Höhepunkte aus Lords umfangreichen Soloschaffen (auch wenn ich nicht gerade der Klassik-Fan schlechthin bin, Pictured Within oder Sarabande finde ich wunderschön).

Als ich dachte, dass der Abend mit Soldier of Fortune (aus dem Purple-Album Stormbringer) seinen Höhepunkt erreicht hätte, kamen drei (!) Töne aus Jon Lords Hammond-Orgel, die mir fast die Tränen in die Augen trieben. Der Anfang von Child in Time. Was ein magischer Moment! Deep Purple selbst spielen die Nummer schon seit Jahren – wohl aus stimmlichen Gründen – nicht mehr. Meine Begeisterung in den nächsten zehn Minuten kannte keine Grenzen mehr.

Long Live Rock ’n‘ Roll!

P.S.1: Sommer 2012. Auch mit Jon Lord wird es Child in Time live nicht mehr geben. Jon verstarb im Alter von 71 Jahren.

P.S.2: Jahresbeginn 2013. Deep Purple kündigen ein neues Studio-Album an. Und weitere Konzerte.

Unterwegs in Asien

Fünf Monate Südostasien im „Winter“ 2001/2002. Erinnerungen ans Unterwegssein.

Die Größe eines VW-Busses kennt wahrscheinlich jeder. In Südostasien nennt man ein Fahrzeug dieser Größenordnung Minibus. Und Minibusse sind ein wichtiges Touristen-Beförderungsmittel. So weit ist das kein Problem. Nur in Asien passen neben dem Fahrer noch elf Touristen in den Minibus. Passen ist dabei eigentlich das falsche Wort. Und der Minibusfahrer fühlt sich als Herrscher der Straße, schließlich ist sein Fahrzeug ja viel größer als jedes Fahrrad, jedes Moped, jedes Tuk-Tuk oder jedes Autos.

Innerhalb der großen Städte hat man meist mehrere Alternativen zur (nicht-selbständigen) Fortbewegung. Das Tuk-Tuk habe ich schon erwähnt. Ein dreirädriges Moped, vorne sitzt der Fahrer, auf der Rücksichtsbank die Gäste. Bis auf einen Regenschutz ist es offen.

Das Fahren mit dem Tuk-Tuk ist allerdings ein Erlebnis der besonderen Art. Morgens um sechs ist das Fahren mit dem Tuk-Tuk selbst in Bangkok kein Problem (auch wenn es unglaublich klingt, ich spreche auch für diese Uhrzeit aus eigener Erfahrung!). Dann sind die Straßen für asiatische Verhältnisse praktisch leer (ok, in einer deutschen Kleinstadt würde man wohl noch Jahre später von einem nie dagewesenen Verkehrschaos sprechen).

Rush Hour in Bangkok

Rush Hour in Bangkok

Zu „normalen“ Tageszeiten sieht es ein bisschen anders aus. Man sitzt im Dauergestank und lebt in der ständigen Hoffnung, dass größere Gefährte (wie die schon erwähnten Minibusse…) einen nicht übersehen. Schneller als mit einem Taxi kommt man mit dem Tuk-Tuk nicht durch die Stadt. Taxis haben zwar meist einen Taxameter, doch die Fahrer wollen ihn nicht benutzen. Ist die Konkurrenz an Taxis groß, hat man allerdings gute Chancen, den Fahrer doch zu überreden ihn einzuschalten. Stehen allerdings viele Kunden zur Verfügung (was in vielen Ecken Bangkoks der Fall ist) zieht man den Kürzeren. Freie Marktwirtschaft pur.

Dann gibt es noch die öffentlichen Busse, kleinere, größere, mit Klimaanlage und ohne. Alles nicht so einfach. Insbesondere da das Fahrziel nur auf Thai angeschrieben ist. Aber man gewöhnt sich daran. Will man raus aus der Stadt kann man natürlich auch den Bus nehmen, dafür gibt es in einer Stadt wie Bangkok reichlich Busbahnhöfe, man muss nur den richtigen finden…

Wenn es geht, nehme ich für weite Strecken am liebsten die Eisenbahn. Die Züge sind nicht unbedingt schneller als ein Bus, aber alles in allem ist es bequemer (und an jedem Bahnhof gibt es leckeres Essen). Die diversen Klassen und Unterklassen sind im Vergleich zum Bussystem das deutlich kleinere Übel.

Chao-Phraya

Chao-Phraya

In Bangkok kann auch das Expressboot auf dem Chao-Phraya eine praktische (und schnelle) Verkehrsmittelalternative sein. Und – wenn man in seiner Nähe ist – der Sky Train, von dem allerdings erst zwei Streckenabschnitte existierten.

Sky-Train in der Hochhausschlucht

Sky-Train in der Hochhausschlucht

Bangkok ist übrigens nicht der offizielle Namen der thailändischen Hauptstadt (auch wenn er praktisch überall benutzt wird), dieser lautet vielmehr Krung Thep Mahanakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Ayuthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udomratchaniwet Mahasathan Amon Piman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit. Bangkok war auf dieser Reise die zentrale Anlaufstation. Insgesamt siebenmal kehrten wir ins New Siam Guesthouse in Bangkok zurück. Ein Teil des Gepäcks und insbesondere noch nicht benötigtes oder schon belichtetes Filmmaterial blieben in der Stadt der Engel (Krung Thep) zurück.

New Siam Guesthouse

New Siam Guesthouse

New Siam Guesthouse

New Siam Guesthouse

Bei all den schon erwähnten Verkehrsmitteln sollte man nicht vergessen, dass man aber meist zu Fuß unterwegs ist. Da bleibt es nicht aus, dass man auch mal eine Straße überqueren muss. Und die ist voll von Verkehrsmitteln, besonders Massen an Mopeds tummeln sich dort. Ich ging dabei immer davon aus, dass ein Mopedfahrer kein besonderes Interesse am Umfahren von Touris hat, sie werden schon ausweichen oder bremsen. Wichtig ist nur, dass man beim Überqueren der Straße nicht stehen bleibt. Mehr als einmal war ich allerdings überrascht, wenn ich auf der anderen Straßenseite plötzlich allein ankomme. Und meine Freundin mit verzweifeltem Gesichtsausdruck noch auf der anderen Straßenseite stand…

Alternativ zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann man auch ein eigenes Fahrzeug mieten (in Bangkok würde ich das allerdings nur Wahnsinnigen empfehlen). Auf einer Insel wie Ko Chang ist ein Moped aber ein nahezu ideales Fortbewegungsmittel. Meine einzige Erfahrung im Mopedfahren bestand allerdings darin, fast 20 Jahre früher kleinere Fahrten auf den Maschinen von Kumpels gemacht zu haben. Aber die Mopedvermieterin ist von meiner Fahrkunst angetan. Als ich – zuerst allein – eine Probefahrt mache und die sich etwas ausweitet, will sie gleich jemand hinter mir herschicken, um mich zu suchen. Dabei war das gar nicht nötig. Ich kam ohne fremde Hilfe zurück zur Verleihstation. Dort ging es dann richtig los, dieses Mal zu zweit. Allerdings war schon am ersten Berg wieder Schluss. Im zweiten Gang war der Anstieg nicht zu schaffen. Also wieder runter. Mit viel Anlauf und im ersten Gang kommen wir den Berg hinauf. Im Laufe des Tages schaffe ich es bis in den vierten Gang (die Suche nach der Kupplung hatte ich irgendwann aufgegeben, das Schalten ging auch so).

Mit dem Moped auf Ko Chang

Mit dem Moped auf Ko Chang

Der ganze Verkehr ist immer mit viel Lärm verbunden, mit sehr viel Lärm. Schlimmer als der Verkehrslärm sind aber die Fernsehapparate. Sie stehen immer und überall. Selbst kleine Marktstände haben oft einen. Und meistens sind sie so laut aufgedreht, dass sich der Ton dabei überschlägt. Aber auch dies ist noch nicht das obere Ende der Lärmerzeugung. Unschlagbar sind CD-Verkaufsstände. Was dort lautstärkemäßig abgeht, ist nicht zu beschreiben. Und den notwendigen Strom für die Krachgenerierung gibt es nicht nur in Bangkok! Während ich mich an Hitze und Luftfeuchtigkeit im Laufe der Zeit gewöhne, tritt dieser Gewöhnungseffekt für den Lärm nicht ein.

Mopeds an der Kreuzung

Mopeds an der Kreuzung

Mit dem Zug wollen wir einen Ausflug in das rund 100 Kilometer westlich von Bangkok gelegene Kanchanaburi machen. Der Ort lebt stark von der aus dem gleichnamigen Film bekannten Brücke am Kwai und einer schönen, abwechslungsreichen Landschaft in seiner Umgebung. Den Zug in Bangkok konnte man gar nicht verpassen. Im entsprechenden Bahnhof fuhren nämlich keine Züge, zumindest nicht an diesem Tag (stattdessen machte sich auf den Gleisen ein Markt breit). Mit einem Pick-Up wurde man zum nächsten Bahnhof gefahren. Für die schon erwähnten 100 Kilometer ist man gut drei Stunden unterwegs, mit den üblichen Verspätungen.

Discoboot auf dem River Kwai

Discoboot auf dem River Kwai

In Kanchanaburi bietet sich eine neue Variante des Lärmhorrors, das Discoboot. Und davon gibt es viele!! Und jedes möchte natürlich lauter als alle anderen sein. Zu allem Überfluss sind sie nicht an einem festen Ort verankert, sie werden auch noch über den Fluss gezogen. Und damit direkt an unserer – als ruhig beschriebenen – Unterkunft vorbei.

Ohne Motor heißt ein Tuk-Tuk Cyclo, ein Fahrradtaxi für zwei Personen. Wenn es regnet, wird man abgedeckt und kann den Verkehr nur noch durch Löcher in der Plastikhülle sehen. An diesen Fortbewegungskomfort kann man sich gewöhnen!

Zurück zur Eisenbahn. Eine nächtliche Zugfahrt in Vietnam von Hanoi nach Hue. Hard-Sleeper! Und dieser Begriff ist wörtlich zu nehmen. Denn unter dem Begriff Hard-Sleeper ist tatsächlich nur eine Pritsche zu verstehen, die von einer Bastmatte (!) bedeckt wird.

Hard-Sleeper-Abteil Hanoi - Hue

Hard-Sleeper-Abteil Hanoi - Hue

Unser mitreisender Nachbar (ein normales Zugabteil wird für sechs Reisende zur Schlafstätte) lacht sich fast tot, als er sieht, dass ich beim besten Willen nicht in dieses „Bett“ passe. Neben den viel zu kleinen „Betten“ gibt es ein Laken als Decke sowie etwas, das sich mit viel Phantasie Frühstück und Mittagessen nennen lässt. Die Fenster sind vergittert (angeblich zum Schutz vor Steine werfenden Kindern – ich glaube eher, man hat Angst, dass die Fahrgäste unterwegs flüchten).

In Hue, der alten vietnamesischen Kaiserstadt, haben wir eine Rundtour auf Mopeds durch die Umgebung gebucht. Ein Moped mit Fahrer. Meine Freundin bekam auch einen. Ich nicht. Auf meinen Hinweis hin, ich hätte nicht viel Ahnung vom Mopedfahren (das oben erwähnte Ko Chang ist schon ein Weile her und war dazu eine nahezu einsame Insel), gibt es eine Fahrstunde, genaugenommen Fahrdreiminuten.

Straßenverkehr in Hue

Straßenverkehr in Hue

Ich falle nicht runter, kann Gas geben und bremsen, bei fließendem Verkehr wenden. Und – natürlich das Wichtigste – Hupen. Bestanden. Also geht es los. Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: Der Tripp führt nicht nur durch die Fußgängerzone am Vorweihnachtssamstag, nein es geht auch noch quasi mitten über den Viktualienmarkt und hin und wieder kreuzt man die Tour de France. Abends fühle ich mich als wahrer Held.

Immer noch Vietnam. Für die Strecke von Hoi An nach Nha Trang soll es zur Abwechslung ein Nachtbus sein. Abfahrt 6 Uhr abends, Ankunft 6 Uhr morgens. Zwölf Stunden für 450 Kilometer. Um kurz vor 7 geht es tatsächlich los. Der Sitzabstand hat das übliche asiatische Maß. Mit Glück bekomme ich aber eine eigene Reihe (d.h. 2 Plätze), der pure Luxus! Aufgrund des regnerischen Wetters kündigt der Fahrer schon bei der Abfahrt eine Verspätung von ein, zwei Stunden an. Diverse Pannen im Laufe der Nacht und des Morgens (darunter ein Reifenwechsel, Bremsprobleme und ein Motorschaden) werfen uns um weitere Stunden zurück. Mittags um halb 12 kommen wir in Nha Trang an, einem beliebten Badeort am südchinesischen Meer.

Dass der eine oder andere Vietnamese hin und wieder mal mein (kleines!) Bäuchlein streichelt, kann ich zwar nicht verstehen, aber ich kann damit leben. Ich nehme an, ich  erinnere sie – rein figürlich – an Buddha. Als mich mein Motorradfahrer (er hatte mich durch die Gegend um Da Lat gefahren) allerdings fragte, ob er denn aufgrund meiner Größe und meines Gewichtes einen Zuschlag haben kann, fand ich das dann doch diskriminierend!! Aber irgendwie hatte er es ja verdient. Und die Tour war auch sehr schön.

So einen Beifahrerplatz auf einem Motorrad sollte man sich nicht gerade als einen gemütlichen Fernsehsessel vorstellen. Auch die Größe eines vietnamesischen Motorrades ist nicht wirklich mit meiner Körpergröße kompatibel (ich fühlte mich in einem Dauerverrenkungszustand). Und die Straßen Vietnams (eigentlich müsste man eher von landschaftlichen Bereichen, in denen sich verstärkt Verkehrsmittel aufhalten, reden) bilden nicht gerade die Grundlage für eine ruhige Fahrt sind. Kurze Strecken als Beifahrer sind mit dem Motorrad noch angenehm, längere aber nicht, insbesondere, wenn dann auch noch das ganze Gepäck mit auf das Gefährt müsste. Deshalb geht es mit einem (komfortablen!) Bus statt auf dem Motorrad von Da Lat weiter nach Saigon, vorbei an zahllosen Fabriken, in denen unsere Turnschuhe hergestellt werden.

In Saigon gab es zum Zeitpunkt der Reise zwei Millionen Mopeds (und das bei einer Einwohnerzahl von offiziell vier Millionen), dazu kommen eine halbe Million Fahrräder und 70000 Cyclos (die Autos und Busse sind da schon vernachlässigbar). Man kann sich leicht ausmalen, was das bedeutet.

In den drei Tagen, in denen wir uns anschließend im Mekong-Delta befinden, habe ich eine Vielzahl von Bootstypen kennengelernt. Vom kleinen 3-Personen-Ruderboot bis zu mittelgroßen Personenschiffen für vielleicht 30 Personen.

Im Mekong-Delta

Im Mekong-Delta

Entsprechend der Größe der Wasserwege, vom nur einen Meter breiten Flussärmchen bis zum hunderte Meter breiten Hauptstrom.

Mit Speedbooten (bei der Buchung dachte ich dabei an ein Tragflächenboot und nicht an eine größere Nussschale (mit einem zugegebenermaßen ziemlich starken Motor) – wie naiv man doch manchmal sein kann) geht die Fahrt auf dem Mekong in Richtung der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Ich frage mich allerdings, warum der kambodschanische Tourführer bei der Fahrt im Speedboot einen Sturzhelm trägt. Wegen der Sonne? Oder weil es cool aussieht? Wahrscheinlich letzteres…

Mit dem Speedboot auf dem Mekong

Mit dem Speedboot auf dem Mekong

Kambodscha. Bei den Verkehrsmitteln hat man hier die Wahl zwischen Pest und Cholera. Busfahren auf unterirdisch schlechten Straßen. Oder Highspeedboote. Der Sitzabstand in den Highspeedbooten schlägt alles bisher dagewesene (mir fehlen mindestens zehn Zentimeter, um die Beine zwischen die Sitzbankreihen zu quetschen). Der dröhnende Motor ist eine richtige Wohltat im Vergleich zu der bis an den Anschlag aufgedrehten Videomusikanlage, aus der während der ganzen Fahrt die immer gleiche kambodschanische Popmusik plärrt. Es ist zum wahnsinnig werden! Weil das aber noch nicht reicht, wird die Klimaanlage auf eine Temperatur eingestellt, bei der man erwartet, dass sich Eisblumen am Fenster bilden. Nicht im Bus, im Highspeedboot geht es nach Kratie zu den Flussdelfinen und nach Angkor zu den Tempeln.

Mekong: Highspeedboote am Bootsanleger in Kratie

Mekong: Highspeedboote am Bootsanleger in Kratie

Zurück in Thailand. In einem Nachtzug von Bangkok ganz in den Norden, ins direkt an der Grenze zu Laos gelegene Nong Khai. Für den Grenzübertritt braucht man die in der Gegend oft üblichen zwei Stunden (was würde die Menschheit ohne all die schönen Formulare machen). Hinter der Grenze liegt Vientiane, die laotische Hauptstadt. Vientiane fehlt auf den ersten (und jeden weiteren) Blick völlig der Charakter einer Hauptstadt, genaugenommen fehlt ihr sogar fast der Stadtcharakter. Blickt man von oben auf die Stadt, dann sieht sie aus wie ein großer Park mit ein paar eingestreuten Bauten.

Ich bin überrascht, dass die Fahrt von Vang Vieng nach Luang Prabang sieben Stunden dauern soll, wo es doch von Vientiane nach Vang Vieng für die etwa gleiche Strecke nur drei Stunden brauchte. Dafür kosten die sieben Stunden auch 40000 kip im Vergleich zu den 7000 kip für die 3 Stunden…. Morgens um 9 geht es los. Wir haben gute Plätze (die besonders schlechten bestehen aus Kleinstplastikhockern in der Mitte des Busganges!). Ein Münchner, den wir zwei Tage zuvor in Vientiane am Busbahnhof kennengelernt haben, hat uns die Tickets schon früh morgens besorgt. Bald verstehen wir auch, warum die Fahrt so lange dauern soll, denn es geht durch das wunderschöne laotische Bergland (mit Gipfeln von über 2000 Meter Höhe), vorbei an zahlreichen Dörfern, die fast immer auf schmalen Berggraden liegen. Absolut pünktlich kommen wir in Luang Prabang an.

Von Luang Prabang aus ist wieder der Mekong unser Reiseweg. Um sicher zu sein, ein Boot zu bekommen, sind wir schon um halb 8 am Abfahrtspier. Es gibt allerdings keine offiziellen Bootsverbindungen auf der Strecke ins nördliche Thailand. Ein engagierter Australier, der dasselbe vorhat, nimmt sich der Sache zielstrebig an und organisiert ein privates Boot, so dass wir noch vor der Mittagsstunde abfahren.

Die Fahrt über den Mekong ist sehr schön, wir sehen sich auf Sandbänken sonnende Wasserbüffel ebenso wie Elefanten im Arbeitseinsatz. Dazu das grüne Dschungelband und vereinzelte Dörfer. Da das Boot nicht komplett voll ist, kann man sich – wenn der Allerwerteste vom Sitzen auf den kleinen Holzbänken allzu sehr schmerzt – hin und wieder in den Gang legen. Die Strecke zur thailändischen Grenze ist für einen Tag zu lang ist. In dem kleinen Dschungelort Pakbeng wird ein Stopp für die Nacht eingelegt.

Mekong bei Pakbeng

Mekong bei Pakbeng

Vom Norden Thailands geht es in Bussen und Zügen in den Süden des Landes. Dann „Urlaub im Urlaub“ in Khao Lak. Weiter im Minibus über die Grenze nach Malaysia. Von dort mit Fähre (über die Straße von Malakka) und im Bus zu den Orang Utans auf Sumatra. Das gleiche in umgekehrter Weise auf dem Rückweg nach Malaysia. Quer durch Malaysia in Nachtzügen. Singapur (mit seiner Operationssaal-ähnlichen Sauberheit) ist dann schon fast das Ende der Reise durch Südostasien. Aber nur fast. Ein weiteres Mal Khao Lak und zum Schluss das dann schon für mich wie eine zweite Heimat wirkende Bangkok.