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Ägypten

Nach Zypern, Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten ist Ägypten mein viertes Ziel auf der Reise rund ums östliche Mittelmeer im Frühjahr 2011.

Frühjahr 2011 und Ägypten? Geht das denn? Ja, es ging. Im April – bei meiner Einreise – ist der blutige Anfang des arabischen Frühlings in Ägypten schon vorüber, Mubarak ist zurückgetreten, das Leben auf den Straßen scheint seinen gewohnten Gang zu gehen.

Tahrir-Platz ("Platz der Befreiung"): "Enjoy the Revolution"

Tahrir-Platz ("Platz der Befreiung"): "Enjoy the Revolution"

Nur eines fehlt auf den Straßen. Die Touristen. Es gibt so gut wie keine. Selbst an touristischen Höhepunkten wie den Pyramiden von Gizeh halten sich nur ein Häuflein auf, die riesigen Parkplätze sind leer, an den Kassen gibt es keine Schlangen. Nur Kamelführer und selbsternannte Touristenführer gibt es in großer Anzahl. Ich kann die Leute verstehen, wenn sie von mir Bakschisch wollen, für sie ist es wohl oft ihre einzige Einnahmequelle. Und als Tourist bin ich in ihren Augen reich. Aber was soll ich machen?

Die erste Szene dieser Art bot sich mir schon direkt kurz nach dem Grenzübertritt. Die Ausreise aus Israel war – trotz meines fehlenden Israel-Einreisestempels – problemlos. Die beiden israelischen Zollbeamtinnen diskutierten zwar eine Weile (sie hatten ja auch Zeit, da ich der einzige Ausreisewillige in Eilat war), schickten mich dann aber doch weiter. Fast noch schneller ging die Einreise in Ägypten, das nötige Visum hatte ich ja schon in Deutschland besorgt. Eine Überraschung bot dann der Geldautomat auf ägyptischer Seite, er ließ gerade mal die Auszahlung von umgerechnet etwa 20 Euro zu.

Von der ägyptischen Grenzstation bis zum Busbahnhof in Taba sind es etwa ein Kilometer. Zeit bis zur Abfahrt des Busses nach Kairo hatte ich genug. Zum einen hatte ich reichlich Zeit für den Grenzübertritt eingeplant, zum anderen hatte ich nicht beachtet, dass ich eine Zeitgrenze überschritten hatte. Auf ägyptischer Seite war es eine Stunde früher als in Israel.

Die Alternative zum Fußweg zur Busstation ist das Taxi. Wobei das Taxi der völlig falsche Ausdruck ist, eine Armada von Taxis wartet auf Kundschaft. Die einzige Kundschaft weit und breit bin aber ich. Die Taxifahrer haben einen festen Tarif für den einen Kilometer, umgerechnet mehrere Euros! In normalen Zeiten – mit viel Grenzverkehr – bestimmt ein lukratives Geschäft. Besonders wenn das Thermometer die 30 Grad weit überschritten hat.

Die Verhandlungen gehen schnell. Für umgerechnet 50 Cent finde ich einen Fahrer. Seine Kollegen sind alle sauer auf ihn. Nicht, dass er das Geschäft macht, vielmehr, weil er die Preise verdirbt. Nur welche Möglichkeit hat er? Gar kein Geschäft heute oder zumindest ein kleines. Und ist mein Verhalten fair?

Mit dem Bus geht es weiter nach Kairo. Immer wieder stoppt der Bus auf dem Weg durch den Sinai, Checkpoints. Wirklich offiziell sehen die Kontrolleure nicht aus… Da sie kein Englisch sprechen, ich kein Arabisch, wollen sie nix von mir. Etwas umfänglicher wird die Kontrolle vor der Fahrt durch den Suezkanal-Tunnel. Alle müssen aussteigen und sich neben ihrem Gepäck aufstellen.

Kairo ist riesig. Nach Schätzungen leben rund 25 Millionen Menschen in der Stadt. Der Verkehr ist das reine Chaos.

Straßenverkehr in Kairo

Nach etwas längerem Suchen finde ich meine Unterkunft, das Grand Hotel in Kairos Altstadt. Das Hotel hat seine besten Zeiten schon länger hinter sich und ist – trotz des Namens – relativ günstig. Und eigentlich gut gelegen…

Grand Hotel

Grand Hotel

Eigentlich? Rund um das Hotel herrscht von früh morgens bis nach Mitternacht Dauerstau. Was vielleicht nicht so schlimm wäre, wenn denn nicht die im Stau stehenden meinten, ihr Missfallen mit Hilfe der Hupe zum Ausdruck bringen zu müssen. Manchmal hat man das Gefühl, man könnte sich an den Lärm gewöhnen, dann aber nervt er wieder ungemein.

Blick aus dem Grand Hotel: Talaat Harb Road - Tagsüber

Blick aus dem Grand Hotel: Talaat Harb Road - Tagsüber

Blick aus dem Grand Hotel: Talaat Harb Road - Nachts

Blick aus dem Grand Hotel: Talaat Harb Road - Nachts

Neben Kairo möchte ich auch Luxor – ein paar hundert Kilometer weiter Nil aufwärts – besuchen. Mein Plan ist, in der Nacht mit dem Zug von Kairo nach Luxor, dort zwei Tage zu verbringen, dann wieder mit dem Nachtzug zurück nach Kairo. Mein Plan scheitert. Die Bahn streikt. Es fahren keine Züge nach Luxor. Und für lokale Busse reichen meine Nerven nicht…

Es bleibt mehr Zeit für Kairo. Und seine Umgebung. Ich besuche die Pyramiden von Gizeh, Sakkara und Dahschur. Sie sind noch beeindruckender als in meiner Vorstellung.

Alles in allem herrscht in Kairo eine erstaunliche religiöse Toleranz. Mitten in der größten muslimischen Stadt der Welt gibt es einen koptischen Stadtteil. Und in diesem koptischen Stadtteil wiederum steht eine jüdische Synagoge.

Angst musste man als Ausländer in jenen Tagen im April 2011 in Ägypten nicht haben. Ganz im Gegenteil. Ich hatte immer das Gefühl willkommen zu sein. Allerdings bin ich auch Ecken, in denen die Panzerdichte auf der Straße zunahm, weiträumig aus dem Weg gegangen.