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Great American Eclipse

Die Faszination einer totalen Sonnenfinsternis kann man nur dann richtig verstehen, wenn man sie selbst erlebt hat. Meine erste konnte ich – im wörtlichen Sinne – vor meiner Haustür 1999 in München erleben. Für die nächste war der Aufwand etwas größer, die Reise führte 2012 in den Nordosten Australiens.

Am 21. August 2017 sollte es wieder so weit sein. Von der Pazifikküste bis zur Atlantikküste würde der Kernschatten einer Sonnenfinsternis quer über die Vereinigten Staaten ziehen – die Great American Eclipse. Der Kernschatten ist der Bereich einer Sonnenfinsternis, in der der Mond die Sonne komplett bedeckt. Mit den Erfahrungen von 1999 und 2012 war klar, dass nicht nur die geografische Lage von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch das vor Ort herrschende Wetter. Aus diesem Grund war die Entscheidung für Wyoming relativ einfach. Dort war die Wetterprognose für den ganzen Verlauf am besten. Und es bestand die Möglichkeit den Besuch des Yellowstone-Nationalparks in den weiteren Verlauf der Reise einzubeziehen.

Schon ein Jahr vor dem großen Tag lief die Umsetzung des Planes an. Da ich damit rechnete, dass auch andere auf ähnliche Rückschlüsse kommen würden, war die Buchung der Unterkünfte für die Nächte vor und nach der Sonnenfinsternis wichtig. Die anderen Dinge würden sich schon ergeben.

Nach einem Blick in den Wikipedia-Eintrag zur Sonnenfinsternis ging ich davon aus, die Zeit der Totalität würde am späten Nachmittag des 21. Augusts sein. Im Wikipedia-Eintrag steht aber nicht die lokale Zeit des Ereignisses, sondern die sogenannte Weltzeit, d.h. die Uhrzeit in London. Als ich meinen Fehler wenige Wochen vor Abreise bemerkte, war die Panik erstmal groß, der bis dahin geplante Ort der Übernachtung für die Nacht vor der Sonnenfinsternis war ganz schön weit weg vom Kernschatten. Ich hatte Glück, ich konnte noch eine Bleibe finden, die deutlich näher am Kernschatten lag. In Cheyenne, der Hauptstadt Wyomings.

Der Verlauf der Sonnenfinsternis über Wyoming findet im Wesentlichen über dem großen Nix von Wyoming statt. Das wundert nicht, Wyoming ist nach Alaska der Bundesstaat mit der geringsten Bevölkerungsdichte in den USA. Gerade mal etwa zwei Einwohner leben statistisch gesehen auf einem Quadratkilometer.

Das große Nix in Wyoming versprach viel Platz zum Schauen. Aber so einfach ist das nicht. Denn im großen Nix gibt es auch kaum Straßen. Ein Blick auf die Karte ergab aber den perfekten Ort: Glendo, direkt an der Interstate 25 gelegen – und: Nur 160 Kilometer auf besagter Interstate von Cheyenne entfernt. In Glendo selbst ahnten sie auch, was am 21. August 2017 passieren würde.

The tiny town of Glendo, Wyoming is asking for donations to help pay for expenses it incurred during the total solar eclipse earlier this month.

Glendo is home to just over 200 people but on Aug. 21, its population swelled to about 100,000 as people arrived to watch the eclipse.

The town spent about $40,000 on port-a-potties, dumpsters, mowing and other items.

Quelle: TheDenverChannel.com

Der 21. August 2017

Nach ein paar Tagen in und um Denver, dem Startpunkt der Reise, kommen wir am Abend des 20. Augusts in Cheyenne an. Volltanken, die Unterkunft beziehen, etwas zum Essen besorgen, versuchen früh ins Bett zu kommen…

Um kurz nach 5 Uhr morgens geht es in Cheyenne auf die Interstate 25 in Richtung Norden. Dort sind wir auch um diese Uhrzeit nicht allein!

Interstate 25 Cheyenne - Glendo

Interstate 25 Cheyenne – Glendo

Ein endloser Autostrom wälzt sich zweispurig in Richtung Norden, in Richtung der Zone des Kernschattens. Alles stressfrei und diszipliniert, wie meist auf amerikanischen Straßen.

Interstate 25 Cheyenne - Glendo

Interstate 25 Cheyenne – Glendo

Irgendwann ist es mit dem flüssigen Verkehr dann doch vorbei. Da sind wir aber schon im Bereich des künftigen Kernschattens. Und wir haben ja noch Stunden Zeit…

Interstate 25 Cheyenne - Glendo, 8 Kilometer vor Glendo

Interstate 25, 8 Kilometer vor Glendo

Interstate 25 Cheyenne - Glendo, 1 Mile vor Glendo

Interstate 25, 1 Mile vor Glendo

Interstate 25 Cheyenne - Glendo, Kurz vor Glendo

Interstate 25, kurz vor Glendo

Für die letzten 8 Kilometer brauchen wir fast so lang wie für die ersten 150 Kilometer. Eineinhalb Stunden.

Ankunft in Glendo

Ankunft in Glendo

Die letzen 8 Kilometer bis Glendo in 1,5 Stunden.
Die Darstellung erfolgt mit Hilfe des GPX Viewer-Scripts von Jürgen Berkemeier.

Wir sind da! Der Thomas Memorial Airport – der Flughafen besteht aus einer Graspiste – ist ein riesiger Parkplatz. Perfektes Wetter. Die letzten Wölkchen am Horizont lösen sich auf. Das Warten beginnt. Um 10:24 Uhr beginnt der Mond die Sonne zu bedecken.

Thomas Memorial Airport Glendo

Thomas Memorial Airport Glendo

Um 11:45 Uhr bedeckt der Mond die Sonne komplett. Es wird schlagartig dunkel. Die Menge jubelt und klatscht! Ich schaue. Und fotografiere… 🙂

Die Show beginnt: Diamantring

Die Show beginnt: Diamantring

Die Totalität

Die Totalität

Die Totalität

Die Totalität

Die Totalität

Die Totalität

Nach 2 Minuten und 28 Sekunden endet die Totalität.

Die Show endet: Diamantring

Die Show endet: Diamantring

Die ganze Sonnenfinsternis im Film:

Thomas Memorial Airport Glendo während der Totalität

Thomas Memorial Airport Glendo während der Totalität

Für die meisten auf dem Thomas Memorial Airport beginnt die Heimreise. Für die meisten geht es dafür wieder in Richtung Süden. Wir wollen aber weiter in Richtung Yellowstone Nationalpark, weiter in Richtung Norden.

Wir müssen dazu nur zurück auf die Interstate. Erstmal warten bis sich der Parkplatz ein wenig geleert hat.

Thomas Memorial Airport Glendo

Thomas Memorial Airport Glendo: Das Warten hat ein Ende.
Denken wir. Und täuschen uns…

Irgendwann beschließen auch wir loszufahren. Statt zur einen Kilometer entfernten Interstate-Auffahrt in Glendo werden alle Fahrzeuge vom Thomas Memorial Airport über den Wyoming Highway 319 zur gut 20 Kilometer entfernten Interstate-Auffahrt in Orin geleitet…

Wyoming Highway 319

Wyoming Highway 319: Schleppender Verkehr in beiden Richtungen. Im Hintergrund die Interstate 25 mit dem Stau in Richtung Süden.

Wyoming Highway 319

Wyoming Highway 319

Drei Stunden später erreichen wir die Interstate 25. Wie erwartet wollen fast alle Richtung Süden. Wir haben frei Fahrt in Richtung Norden.

Die ersten 22 Kilometer nach Glendo in 3 Stunden.
Die Darstellung erfolgt mit Hilfe des GPX Viewer-Scripts von Jürgen Berkemeier.

Weitere 280 staufreie Kilometer später erreichen wir unser Übernachtungsziel Buffalo. Müde, aber glücklich.

Interstate 25 Orin - Douglas - Casper - Buffalo

Interstate 25 Orin – Douglas – Casper – Buffalo

Lohnt sich der ganze Aufwand für 2 Minuten? Ja! Ich würde es jederzeit wieder machen! 14. Dezember 2020 in Südamerika wäre eine gute Gelegenheit. Oder der 8. April 2024 in Nordamerika. In Deutschland wird es erst 2081 wieder so weit sein. Da wäre ich dann 114…

Noch haben wir aber aber August 2017. Und der Yellowstone Nationalpark wartet auf uns. Mit Geysiren, Schluchten und Bisons.

Die Deutsche Post und ich, der Kunde

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle über das seltsame Nicht-Zahlungs-Verhalten eines Münchner Event-Veranstalters schreiben. Ich hatte besagtem Veranstalter ein Bild von meiner Webseite Erde in Bildern zur Werbung für eine Silvester-Veranstaltung gegen eine Nutzungsgebühr zur Verfügung gestellt. Wie der Ausdruck Silvester-Veranstaltung schon vermuten lässt, ist das – jetzt ist Juni im darauffolgenden Jahr – schon eine Weile her. Bezahlt hat der besagte Veranstalter die Nutzungsgebühr nie. Nach mehreren E-Mails und einem Telefonanruf begann ich mit dem Schreiben von Zahlungserinnerungen in Form von Briefen (ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mail einen Brief geschrieben habe). Normalen Briefen. Auch das hat nicht geholfen.

Für das Mahnschreiben wollte ich auf Nummer sicher gehen. Kein normaler Brief mehr, sondern ein Einschreiben. Wikipedia schreibt zu dieser Form des Briefversandes folgendes:

Die Versendung eines Briefs per Einschreiben ist eine besondere Form des Briefversands. Wesentliches Merkmal ist der Nachweis der Zustellung des Briefs für den Absender.

Quelle: Wikipedia

Auch auf der Webseite der Deutschen Post AG finden sich genaue Informationen zum Thema Einschreiben:

Zustellnachweis für Ihre wichtigen Briefsendungen

Das Einschreiben bietet Ihnen die persönliche Übergabe Ihrer Sendung durch unsere Zusteller. Mit dem Einschreiben wird Ihre Sendung nur gegen Unterschrift des Empfängers an diesen übergeben. Sie können zwischen vier Produktvarianten wählen. Mit unseren praktischen Marken-Sets ganz bequem von zu Hause vorbereiten und in den Briefkasten einwerfen oder in einer unserer Filialen abgeben. Dort erhalten Sie auch eine Einlieferungsbestätigung. Über die Sendungsverfolgung im Internet haben Sie Ihr Einschreiben immer im Blick und können dort auch die Empfangsbestätigung abrufen.

Quelle: Deutsche Post

Das Einschreiben ging am 15. Mai 2017 hinaus. Nur… Die Zahlung erfolgte nicht. Die von der Deutschen Post AG beworbene Sendungsverfolgung im Internet erbringt – bis heute, über 3 Wochen nach Einlieferung – die folgende Aussage:

Die Sendung wurde am 16.05.2017 in unserem Logistikzentrum München bearbeitet.

Quelle: Deutsche Post „Wo ist meine Sendung?“

Um mehr Informationen zu erhalten, muss per Forumular ein Sendungsverfolgungsantrag gestellt werden. Dieses Formular erhält man in einer Postfiliale (oder auch nicht, weil es gerade nicht vorhanden ist…). Gesagt, getan.

Wieder vergeht Zeit. Am 7. Juni 2017 erhalte ich folgende Mail von der Deutschen Post AG:

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,

am 18.05.2017 haben Sie uns beauftragt, Sie per E-Mail über den abschließenden Sendungsstatus Ihres Einschreibens mit der Sendungsnummer xxx zu informieren.

Leider liegt uns bisher lediglich folgende Information zu Ihrer Sendung vor:

Die Sendung wurde am 16.05.2017 in unserem Logistikzentrum München bearbeitet.

Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Ihre Sendungen den Empfänger nicht erreicht hat. Vermutlich wurde nur versäumt, die Zustellung zu dokumentieren. Wir bitten Sie, dies zu entschuldigen.

Ihr Auftrag zur Überwachung des Sendungsstatus endet mit dieser E-Mail. Wenn Sie hierzu noch Fragen haben, klicken Sie einfach hier: https://www.deutschepost.de/hilfe-zur-sendungsverfolgung

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Kundenservice

Man muss sich das nochmals auf der Zunge zergehen lassen:

Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Ihre Sendungen den Empfänger nicht erreicht hat. Vermutlich wurde nur versäumt, die Zustellung zu dokumentieren.

Ihr Auftrag zur Überwachung des Sendungsstatus endet mit dieser E-Mail.

Und jetzt? Wir fragen mal beim Zusteller nach? Wir erstatten Ihnen die Kosten? Nichts.

Nachtrag 14. Juni 2017

Der Kundenservice der Deutschen Post AG schreibt mir einen Brief:

Leider lässt sich die Auslieferung Ihrer Sendung von uns – trotz eingeleiteter Recherchen – derzeit nicht nachweisen, so dass wir von einem Verlust Ihres Briefes ausgehen.

Nach den Haftungsregeln unserer AGB leisten wir … Schadenersatz.

Wir werden Ihnen den Gesamtbetrag von xx.xx EUR per Scheck übermitteln.

Per Scheck??? Was soll ich denn mit einem Scheck machen?? Ich wusste nicht, dass es dieses Zahlungsmittel im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts überhaupt noch gibt… Und falls ich den Scheck nicht bekomme, darf ich mich gerne unter einer kostenpflichtigen Telefonnummer beschweren…

Nostalgie

Bald sind es 22 Jahre, dass ich in München lebe. Im Herbst 1995 zog ich – nach einem zweijährigen Intermezzo im Norden Deutschlands – wieder in den Süden. Anlass war die Jobzusage einer kleinen Softwarefirma im Münchner Vorort Unterföhring. Was ich in den zwei Jahren in Osnabrück schätzen gelernt hatte, war die Live-Musik-Szene. Wenn man wollte, konnte man an jedem Abend der Woche eine Kneipe finden, in der man für wenig Geld lokalen Rock- oder Bluesbands lauschen konnte.

In München musste es viele solcher Kneipen geben. Google gab es noch nicht. Aber neue Arbeitskollegen, die man fragen konnte. Einer von ihnen empfahl mir Schwabing, da sollte ich doch mal in die Schwabinger Sieben, die Tomate oder das Schwabinger Podium hineinschauen. Aus dem oder im vorigen Satz wurde ein und. Denn ich fing an einem Samstagabend in der Sieben an, ging irgendwann weiter in die Tomate und beendete den Abend im Podium.

Schwabinger Podium

Schwabinger Podium

Die Schwabinger Sieben sah ich erst viele Jahre später – nach ihrem Umzug – wieder, die Tomate – so weit ich mich erinnere – gar nicht mehr. Aber das Podium besuchte ich immer wieder. Und das aus einem einfachen Grund. Es war die Band, die an jenem ersten Abend dort gespielt hatte, die Trouble Boys. Welche Bedeutung diese Band noch in meinem Leben haben würde, ahnte ich damals aber noch nicht.

Ich mochte die Musik, die sie spielten („den ganzen alten Scheiss“). Und mir gefiel wie sie sie spielten. Rockklassiker und ein paar Eigenkompositionen. Und das ganze in einer Location, die dazu passte.

Über die Jahre ging ich immer wieder hin. In den ersten Jahren war es auch ganz einfach, die Trouble Boys spielten an – gefühlt – jedem Samstagabend im Podium. Meist verbrachte ich den ganzen Abend dort, manchmal auch nur den späteren Teil davon. In den letzten Jahren wurden die Auftritte im Podium seltener.

So war es auch klar, dass ich – als ich vor ein paar Jahren – meine heutige Frau kennen lernte, mit ihr dort hin ging. Mit einer coolen Location und einer coolen Band kann man nicht viel falsch machen. Dachte ich. Und sollte recht behalten. Sogar mehr als ich davor gedacht hatte… Sie kannte nicht nur die Band, sie kannte ihre Mitglieder alle persönlich. Die Welt kann manchmal verdammt klein sein… 🙂

Auf dem Weg zur besonderen Gelegenheit

Auf dem Weg zur besonderen Gelegenheit

Die Trouble Boys ist nicht die einzige „gemeinsame Band“ von uns. Da gibt es auch noch Pink Floyd, Dire Straits und andere. Aber die Trouble Boys haben einen ganz großen Vorteil, man kann sie fragen, ob sie für einen bei einer besonderen Gelegenheit spielen würden. Bei Pink Floyd oder Dire Straits ist das allein schon deshalb schwierig, weil sie nicht mehr existieren (wahrscheinlich gäbe es auch sonst Probleme, die einer solchen Idee im Wege stehen würden…). So war es klar, dass wir die Trouble Boys fragen würden, als diese besondere Gelegenheit im Raum stand. Und das beste daran war, es kam zu dieser besonderen Gelegenheit und einem grandiosen Auftritt der Trouble Boys (Let’s rock!).

Die besondere Gelegenheit

Die besondere Gelegenheit

Hier könnte diese Geschichte ein Ende finden. Tut sie aber nicht. Denn die Trouble Boys waren für mich immer auch mit dem Schwabinger Podium verbunden. Und dessen Ende stand leider schon seit ein paar Jahren immer wieder im Raum. Schwabing braucht wohl mehr Luxuswohnungen. Damit sich die Bewohner dieser Wohnungen am besonderen Flair Schwabings erfreuen können. Der Haken ist nur, dass genau dieser Flair durch die Luxuswohnungen immer mehr verschwindet. Ich habe nichts gegen Luxuswohnungen. Ich finde es aber unendlich schade, dass die Münchner Live-Musik-Szene immer mehr ausstirbt.

Trouble Boys

Trouble Boys – Der vorletzte Abend im Podium

Den letzten Abend erlebte das Schwabinger Podium am 28. Februar 2017. Mit einem Konzert der Trouble Boys. Ein Abend voller Erinnerungen. Und mit einer fantastisch aufgelegten Band. Und einem wunderschönen Purple Rain an seinem Ende.

Trouble Boys

Trouble Boys – Der letzte Abend im Podium

Lang lebte das Schwabinger Podium.
Lang leben die Trouble Boys. Hoffentlich. Wenn auch nicht mehr im Podium. Leider.

Schwabinger Weihnachtsmarkt

Andere Location: Schwabinger Weihnachtsmarkt

Pink Floyd, die Seychellen, Indien und ein französisches Weltkulturerbe

Juni 1988

Ohne die Musik von Pink Floyd wirklich zu kennen, hatte ich mir für ein Konzert auf dem Mannheimer Maimarktgelände ein Ticket gekauft.

Pink Floyd, Maimarktgelände Mannheim, 18. Juni 1988

Pink Floyd, Maimarktgelände Mannheim, 18. Juni 1988

Das Konzert war eine Offenbarung. Und Pink Floyd wurde – nach Deep Purple – zu meiner zweiten großen musikalischen Liebe. Und blieb es bis heute. Allerdings gab es nach Ende der Division-Bell-Tour 1995 – abgesehen von einem 20-minütigen Auftritt beim Live 8-Konzert im Jahr 2005 – kein einziges Konzert mehr von Pink Floyd. Die beiden Hauptprotagonisten von Pink Floyd, Roger Waters (er hatte die Band schon Mitte der 1980er Jahre verlassen) und David Gilmour, blieben aber weiterhin musikalisch aktiv, mit Soloalben und mit Konzerten.

März 2015

Meine Freude war groß als David Gilmour ein neues Album und eine Tour ankündigte, seine letzte Tour lag immerhin auch schon neun Jahre zurück. Dass mich diese Nachricht auf den Seychellen erreichte, machte die Freude nicht kleiner. Immerhin leben wir im Zeitalter des Internets.

Seychellen? Nicht gerade ein Reiseziel, das weit oben auf meiner Wunschliste stand. Aber besondere Ereignisse ergeben manchmal besondere Reiseziele. Und zu meiner eigenen Überraschung wurde es eine wunderbare Reise. Die Inseln – zusammen sind es über 100 – in den Weiten des Indischen Ozeans bieten weitaus mehr als Traumstrände und blaues Wasser (auch wenn sie gerade von diesen beiden Dingen sehr viel haben…), sie haben auch eine vielseitige, oft einzigartige Natur. Und immer nette Bewohner.

Traumstrand - Petit Anse, La Digue

Traumstrand – Petit Anse, La Digue


Blaues Wasser - Île St. Pierre, Indischer Ozean

Blaues Wasser – Île St. Pierre, Indischer Ozean


Einzigartige Natur - Seychellenpalme (Coco de Mer), Vallée de Mai, Praslin

Einzigartige Natur – Seychellenpalme (Coco de Mer), Vallée de Mai, Praslin

Zurück zu David Gilmour. Besser gesagt zu seiner angekündigten Tour. Der Tourplan für den Sommer 2015 war übersichtlich. Aber es gab einen wunderbaren Lichtblick: Zwei Auftritte in der Arena von Verona. Und da wir – wie schon erwähnt – in Zeiten des Internets leben, sollte der Vorverkaufsbeginn, der noch während des Seychellenurlaubs lag, kein Problem sein.

Sollte… Auch auf den Seychellen gibt es Internet, zumindest die Unterkünfte bieten es alle an. Aber… Am Tag des Vorverkaufsbeginn für die David-Gilmour-Konzerte war das Internet kaputt. Wohl nicht das ganze Internet, aber zumindest der Internetzugang in der Unterkunft, in der wir an diesem Tag waren. Es wurde nichts mit einer Ticketbestellung an diesem Tag. Und… Es wurde auch nichts mehr mit einer Ticketbestellung an einem anderen Tag. Denn als ich wieder ein Ticket hätte bestellen können, gab es keine mehr. Zumindest keine mehr für Verona. Klagen auf hohem Niveau, gar keine Frage. Aber enttäuscht war ich trotzdem.

Februar 2016

Fast ein Jahr später. Indien. Auch ein Reiseziel, dass bei mir gar nicht so weit oben auf der Wunschliste stand. Ich hatte nie richtig Lust auf das Land im Süden Asiens, aber trotzdem immer das Gefühl, es mal gesehen haben zu müssen. Und da ich auch das Gefühl hatte, dass Indien ein anstrengendes Reiseland sein muss, wäre es wohl besser nicht zu lange darauf zu warten.

Eine Vorstellung wie anstrengend Indien werden könnte, bekam ich schon zu Hause. Einen Flug dorthin zu buchen, kein Problem. Eine Fahrkarte mit der indischen Bahn zu buchen aber schon. Nicht dass die indische Bahn keine Webseite hätte, nein, dass ist nicht das Problem, das Problem fängt damit an, dass, man sich auf dieser indischen Webseite anmelden muss. Und eine Anmeldung geht nur, wenn man eine Email-Adresse hat (ok, habe ich) und eine indische Mobiltelefonnummer (ok, hatte ich nicht). Nur wenn man zwei Bestätigungscodes bekommt, einen an die Email-Adresse, einen per SMS an die indische Handynummer, kann man sich auf der Webseite anmelden und ein Ticket buchen. Eine nicht ganz einfache Hürde für Nicht-Inder. Was sie wohl auch in Indien bemerkt haben, so dass man – nach etwas Suchen – eine Webseite findet, die die indische Handynummer sozusagen simuliert. Und man am Ende beide Bestätigungscodes per Email bekommt.

Warum das mit dem Zugbuchen am Ende dann doch nicht geklappt hat, habe ich nie herausgefunden. Ich konnte einen Zug auswählen, diesen mit Kreditkarte bezahlen, der Betrag wurde sogar von der Kreditkarte abgebucht. Bis dann doch immer die Meldung kam, dass die Buchung fehlschlug. Fairerweise muss man sagen, dass der abgebuchte Betrag immer auch vollständig zurückgebucht wurde.

Aber eine Fahrkarte hatte ich trotzdem nicht. Am Ende war ich froh, dass es mit dem Zugbuchen nicht geklappt hatte. Über einen Indien-begeisterten Freund bekam ich Kontakt zu einem indischen Reiseunternehmer namens Balvinder. Reiseunternehmer ist vielleicht etwas viel gesagt, Balvinder bietet individuelle Fahrten mit eigenem Fahrzeug an. Das beste was uns für Indien passieren konnte. In Absprache legten wir vorab eine Reiseroute fest, beginnend in Delhi, vorbei am Taj Mahal, quer durch Rajasthan bis zur Wüste Thar und in Udaipur endend. Morgens wurden wir vom Hotel abgeholt, tagsüber zu den Sehenswürdigkeiten gebracht und zur nächsten Stadt gefahren, abends gab es wieder einen Übernachtungsvorschlag. Ein toller Service.

Old Delhi

Old Delhi


Taj Mahal

Taj Mahal


Fort Amber, Jaipur, Rajasthan

Fort Amber, Jaipur, Rajasthan


Dorf in der Wüste Thar

Dorf in der Wüste Thar


Lake Pichola, Udaipur, Rajasthan

Lake Pichola, Udaipur, Rajasthan

Als wir den zweiten Teil der Indienreise ohne Balvinder antreten mussten – es standen noch „Ausflüge“ nach Varanasi, Amritsar und Kerala auf unserem Programm -, waren wir schon traurig. Aber Indien ist groß, sehr groß sogar, fast zehnmal so groß wie Deutschland. Deshalb nutzen wir für unsere „Ausflüge“ das Flugzeug.

Ganges, Varanasi, Uttar Pradesh

Ganges, Varanasi, Uttar Pradesh


Goldener Tempel, Amritsar, Punjab

Goldener Tempel, Amritsar, Punjab


Backwaters, Kerala

Backwaters, Kerala

Innerindische Flüge haben nicht den besten Ruf. Ich kann mich nicht beklagen, Air India war zuverlässig und pünktlich, das Gepäck kam immer an. Ok, das mit der Pünktlichkeit muss ich ein bisschen relativieren. Verspätungen gab es teilweise schon, sie wurden aber immer schon weit vorab per SMS (an meine deutsche Handynummer!) mitgeteilt. Der Kontrollwahn an indischen Flughäfen ist aber schon ungewöhnlich. Ich habe gelernt, dass es durchaus möglich ist, auf dem Weg vom Wartebereich am Gate bis zum Sitzplatz im Flugzeug insgesamt sechsmal den Reisepass und die Boardingkarte kontrollieren zu lassen. Und das Einchecken in das Airport-Hotel in Delhi ist auch ein Erlebnis der besonderen Art…

Warum jetzt aber eine Indien-Abschweifung? Nicht, dass ich gerne mal abschweife…

Die Tour im Sommer 2015 war für David Gilmour nur der Anfang. Eine Fortsetzung sollte es 2016 geben. Gehofft hatte ich das ja schon. Ein entsprechender Newsletter erreichte mich – der geneigte Leser, der es bis hier her geschafft hat, vermutet es schon – in Indien. Und natürlich gibt es auch in indischen Hotels freies WLAN (natürlich ist natürlich relativ, wenn man sich die Trostlosigkeit deutscher Hotels beim Thema freies WLAN ansieht…). Meist sogar in ziemlich guter Qualität. Aber nicht immer, zumindest nicht immer in allen Ecken des Hotels. So kam es, dass ich am Abend des Vorverkaufbeginns für die 2016er David-Gilmour-Konzerte in einem Hotelzimmer mit eher – nennen wir es mal so – limitierter Internetqualität saß. Ich hatte aber auch genau an diesem Abend ein etwas – nennen wir diesen Teil mal – mulmiges Magen-Darm-Gefühl. Und wollte das Zimmer im Hotel in Jodhpur nicht verlassen.

Mehrangarh Fort Jodhpur

Mehrangarh Fort Jodhpur


Jodhpur - Sonnenuntergang über der Blauen Stadt

Jodhpur – Sonnenuntergang über der Blauen Stadt


Jaswant Thada Jodhpur

Jaswant Thada Jodhpur

Obwohl auch 2016 wieder zwei Termine in der Arena von Verona auf dem Tourplan von David Gilmour standen, entschied ich mich für die Saline Royale d’Arc-et-Senans im östlichen Frankreich als Konzertort, insbesondere weil sich der Termin des Konzertes hervorragend für eine Geburtstagsreise eignete (und auch noch die Arena von Verona im Tourplan von Adele stand…).

Der Ticketverkauf lief über einen französischen Konzertveranstalter. Seine Webseite bietet zwar auch eine Umschaltung auf Englisch an, aber immer dann, wenn es spannend wird, sprich, man sollte verstehen, was man auswählt, wird die Webseite wieder sehr französisch. Und da meine Französisch-Kenntnisse sehr, sehr limitiert sind (was unter anderem an einer mir heute nicht mehr ganz nachvollziehbaren Entscheidung zu Schulzeiten, Alt-Griechisch statt Französisch als dritte Fremdsprache zu nehmen, liegen möge…), war die Ticketbuchung auch Glücksspiel. Dass die Webseite noch dazu aufgrund der schlechten Internetqualität dann auch noch mehrmals gerade beim Zahlvorgang streikte, brachte meine Zuversicht, dass das mit dem Konzert klappen würde, nicht gerade in neue Höhen. Aber irgendwann kam eine Email-Bestätigung – natürlich auf Französisch. Und ich war mir sicher, dass ich zwei Tickets gekauft hätte.

Der eine oder andere wird sich gefragt haben, wo denn die Saline Royale d’Arc-et-Senans ist. Ich habe mich das auch gefragt, ich wusste, dass es in der Nähe von Besançon sein musste. Und fand heraus – auch langsames Internet hilft da weiter -, dass die Königliche Saline ein Weltkulturerbe etwa 30 Kilometer südlich von Besançon ist. In einer Gegend wo es nach ziemlich viel Gegend aussieht. Um nach dem Konzert nicht noch ewig fahren zu müssen, wollte ich mich auch gleich noch um eine Unterkunft kümmern. Gesagt, getan.

Juli 2016

Bis wenige Tage vor dem Beginn der Reise nach Frankreich war ich der Überzeugung, dass es vom Hotel bis zum Ort des Konzertes nur ungefähr 100 Meter sein werden. Dem war allerdings nicht so. In meiner Euphorie hatte ich übersehen, dass es sich bei besagtem Weltkulturerbe um eine Stätte mit zwei Standorten handelte, der eine ist die Große Saline in Salins-les-Bains, der andere die Königliche Saline in Arc-et-Senans.

Die 100 Meter vom Hôtel des Deux Forts zu den Salines de Salins-les-Bains

Die 100 Meter vom Hôtel des Deux Forts zu den Salines de Salins-les-Bains


Saline Royale d’Arc-et-Senans

Saline Royale d’Arc-et-Senans

Nicht schwer zu raten: Das Hotel war 100 Meter von der Großen Saline in Salins-les-Bains entfernt, das Konzert war aber in der Königlichen Saline in Arc-et-Senans. Es gibt größere Dramen, noch dazu weil die beiden Stätten nur etwa 16 Kilometer voneinander entfernt sind. Und wir einen Mietwagen hatten. Und sich das Wetter an jenem Abend – im Widerspruch zur Wettervorhersage – traumhaft gestaltete. Und das wichtigste: Das Konzert von David Gilmour war der Hammer. Fast drei Stunden Pink-Floyd-Klassiker (allein für das wie immer unglaubliche Gitarrensolo von Comfortably Numb hatte sich der Aufwand gelohnt!) und David-Gilmour-Solonummern. Dass es nach Konzertende (es war 20 vor 1) noch fast zwei Stunden zum 16 Kilometer entfernten Hotelbett (das genaugenommen nicht mal eines war…) dauern sollte, spielte für mich an diesem Abend keine Rolle mehr.

Saline Royale d’Arc-et-Senans: Konzert von David Gilmour

Saline Royale d’Arc-et-Senans: Konzert von David Gilmour


Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour - Comfortably Numb

Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour – Comfortably Numb


Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour

Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour