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Another (brick in the) Wall

Ich liebe Landkarten. Auch heute noch in Zeiten von Google Maps und seinen Online-Verwandten. Ich sammle Landkarten (und Stadtpläne). Und ich kann mich stundenlang mit einer einzigen beschäftigen (ok, es muss wohl eher könnte heißen…).

Es ist eine sehr alte Liebe. Meine erste Landkarte – oder war es ein Landkartenheftchen? – war eine Deutschlandkarte. Mitte der 1970er Jahre. Was ich in dieser Karte aber gar nicht verstand, war die Tatsache, dass Berlin irgendwie nicht zu Deutschland gehörte (zumindest nicht zu dem, was ich damals für Deutschland hielt). Nicht nur war die Stadt von einer Grenzlinie umgeben, es gab auch noch zwei Teile davon. In meiner kindlichen Welt habe ich das nicht nur nicht verstanden, ich hielt das ganze schlichtweg für einen Druckfehler.

Spätestens 1977 – irgendwann in den Tagen um meinen 10. Geburtstag herum – hatte der Glaube an einen Druckfehler endgültig sein Ende gefunden. Ich stand an jener Grenzlinie in jener mir seltsam erscheinenden Stadt. Diese Grenzlinie war die Berliner Mauer.

Fotografiert habe ich sie – die Mauer – 1977 noch nicht. Meine erste Kamera – eine Pocketkamera Agfamatic 2008 (mit der sensationellen Vielfalt von 2 (in Worten zwei!) Einstellmöglichkeiten, eine Sonne und eine Wolke – eine Anleitung brauchte man dafür nicht) – erhielt ich erst ein Jahr später. Wie sich die Zeiten ändern – die Bedienungsanleitung der Kamera, mit der ich die nachfolgenden Bilder der East Side Gallery gemacht habe, hat 250 (!) Seiten.

Potsdamer Platz (1983)

Potsdamer Platz (1983)

Berliner Mauer (1983)

Berliner Mauer (1983)

Brandenburger Tor (1983)

Brandenburger Tor (1983)

Heute ist die Mauer Geschichte. Eine Geschichte, die fast gänzlich aus dem Berliner Stadtbild verschwunden ist. Der größte noch erhaltene Teil bildet heute die East Side Gallery. Parallel zur Mühlenstraße im Stadtteil Friedrichshain. Die eigentliche Grenze zum West-Berliner Stadtteil Kreuzberg bildete die Spree. Die East Side Gallery entstand im Frühjahr 1990, bemalt wurde das über 1300 Meter lange Mauerstück von 118 Künstlern aus 21 Ländern. Und wurde damit zur längsten Open-Air-Galerie der Welt.

East Side Gallery - Dmitri Wrubel: „Mein Gott hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben“, Marc Engel „Marionetten eines abgesetzten Stücks“, Alexej Taranin: „Mauern international“

East Side Gallery - Dmitri Wrubel: „Mein Gott hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben“, Marc Engel „Marionetten eines abgesetzten Stücks“, Alexej Taranin: „Mauern international“

East Side Gallery - Susanne Kunjappu-Jellinek: „Curriculum Vitae“

East Side Gallery - Susanne Kunjappu-Jellinek: „Curriculum Vitae“

East Side Gallery - Andrej Smolák: „Ohne Titel“

East Side Gallery - Andrej Smolák: „Ohne Titel“

East Side Gallery - Yvonne Onischke: „Berlin bei Nacht“

East Side Gallery - Yvonne Onischke: „Berlin bei Nacht“

East Side Gallery - Karsten Wenzel: „Die Beständigkeit der Ignoranz“, Pierre-Paul Maillé: „Ohne Titel“

East Side Gallery - Karsten Wenzel: „Die Beständigkeit der Ignoranz“, Pierre-Paul Maillé: „Ohne Titel“

East Side Gallery - Henry Schmidt: „Vergesst mir die Liebe nicht“

East Side Gallery - Henry Schmidt: „Vergesst mir die Liebe nicht“

East Side Gallery - Jürgen Groß: „Die Geburt des Kachinas“

East Side Gallery - Jürgen Groß: „Die Geburt des Kachinas“

East Side Gallery - Schamil Gimajew: „World People - Wir sind ein Volk“

East Side Gallery - Schamil Gimajew: „World People - Wir sind ein Volk“

East Side Gallery - Rosemarie Schinzler: „Alles offen“

East Side Gallery - Rosemarie Schinzler: „Alles offen“

East Side Gallery - Michail Serebrjakow: „Diagonale Lösung des Problems“

East Side Gallery - Michail Serebrjakow: „Diagonale Lösung des Problems“

East Side Gallery - Alexej Taranin: „Mauern international“

East Side Gallery - Alexej Taranin: „Mauern international“

East Side Gallery - Georg Lutz Rauschebart: „Ohne Titel“

East Side Gallery - Georg Lutz Rauschebart: „Ohne Titel“

East Side Gallery - Birgit Kinder: „Test the Rest“

East Side Gallery - Birgit Kinder: „Test the Rest“

East Side Gallery - Lance Keller: „The Wall“

East Side Gallery - Lance Keller: „The Wall“

Die Berliner Mauer trennt heute keine Menschen mehr. Andere Mauern tun das nach wie vor. Reisst die Mauern ein!

Tear Down The Wall!!!

Tear Down The Wall!!!

Nicht zuletzt die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts hat mehrfach bewiesen, dass nichts für die Ewigkeit bestimmt ist. Und – um die Worte eines Berliners zu verwenden – das ist auch gut so.

Post Scriptum:

15. Juni 2011, Berlin, O2 World. In Sichtweite der East Side Gallery. Roger Waters – The Wall live. In meinem „The Wall“-Artikel empfahl ich den Besuch eines der damals noch wenigen ausstehenden Konzerte. Die Empfehlung gilt weiterhin!
Besonders für *e. 🙂

Outside The Wall

Outside The Wall

Denn inzwischen ist die Tourliste wieder richtig voll. Zugegeben, die Liste, so umfangreich sie auch sein mag, hat einen kleinen Haken, alle Termine sind außerhalb von Europa…

Aber… Vielleicht ist es die letzte Gelegenheit „The Wall“ live zu sehen.

Wie es mit dem Reisen anfing

Meine erste Reise, die ich unabhängig von Eltern und Schule unternahm, war eine Reise durch Deutschland. 1984 mit dem Tramper-Monats-Ticket. Im heutigen Deutsch der Bahn wäre das dann wohl eine BahnCard 100 U23. Man konnte damit einen ganzen Monat lang kreuz und quer durch das damalige West-Deutschland fahren, ohne irgendwelche Zuschläge zahlen zu müssen. ICE’s gab es ja noch nicht, aber insbesondere auch für die Intercity’s, die damals noch ihren Namen verdient hatten, mußte kein Zuschlag bezahlt werden.

Die Idee mit dem Tramper-Monats-Ticket fiel nicht einfach vom Himmel. Der Auslöser war mein Geburtstag im Jahr zuvor, also 1983. An diesem Tag machte ich einen Tagesausflug zum Hamburger Hafen. Das klingt jetzt noch nicht so spektakulär, wenn man vielleicht in Kiel oder Lübeck wohnt. Ich lebte aber in Donaueschingen. Und Donaueschingen liegt so ziemlich am anderen Ende Deutschlands. Die Deutsche Bundesbahn hatte aber dieses Angebot, dass alle Geburtstagskinder (bis zum 16. Geburtstag) an ihrem Geburtstag umsonst Zug fahren dürften.

Bahnfahrkarte 22. Juli 1983

Bahnfahrkarte 22. Juli 1983

Was lag da näher als dann mal nach Hamburg zu fahren. Es hätten auch viele andere Städte sein können, denn außer Stuttgart, München und Berlin hatte ich bis dahin noch nicht viel von Deutschland gesehen. Aber da die Zugfahrt ja umsonst war (und ich schon immer mal so richtig weit Zug fahren wollte), fiel die Wahl auf Hamburg. Viel Zeit blieb dann in Hamburg natürlich nicht. Letztendlich reichte es nur zu einer Hafenrundfahrt. Aber diese war großartig. Als Landratte hatte ich noch nie so viele und so große Schiffe gesehen (genaugenommen hatte ich noch nie eines gesehen…). Auch die Bahnfahrt selbst war toll. Die Infektion durch den Reisevirus war da.

Nach einer sicher nicht einfachen Überzeugungsarbeit bei meinen Eltern (ich war ja erst 17) und dem Versprechen eines täglichen Anrufes zu Hause (was auch in Vor-Handy-Zeiten schon möglich war…) ging es im Sommer 1984 dann richtig los. Ich hatte mich akribisch vorbereitet. Die Auswahl der Städte war schnell getan. Alle, die eine gewisse Größe hatten, wollte ich mir ansehen. Um das insbesondere zeitlich zu optimieren (eine Einschränkung für die Reise war, dass ich aufgrund eines Ferienjobs nur 2 Wochen Zeit hatte), hatte ich die Fremdenverkehrsämter aller ausgewählten Städte angeschrieben (das World Wide Web sollte erst 5 Jahre später erfunden werden!) und um Informationen und insbesondere einen Stadtplan gebeten. Zweite wichtige Unterlage waren die „Städteverbindungen“ der Bundesbahn, eine Zusammenfassung der wichtigsten Fernverkehrsverbindungen in Deutschland. Mit diesen beiden Informationsquellen entstand ein praktisch minutengenauer Plan der Reise.

Tramper-Monats-Ticket

Tramper-Monats-Ticket

Feste Übernachtungsstätten gab es nicht (ein Reiseprinzip, dass ich noch ein paar Jahre beibehalten sollte), denn es gab ja die Nachtzüge. Sie waren nicht nur billig (ich hatte ja das Trampermonatsticket), sie brachten einen auch immer weiter. Um aber auf eine gewisse Anzahl an Stunden an Schlaf zu kommen, mußte man kreativ sein, d.h. zum Beispiel nicht einfach den direkten Zug von Frankfurt nach Hamburg nehmen, sondern vorher noch in München umsteigen. Wenn man dann noch ein nicht vollbesetztes Abteil bekam, war das (damals!) das übernachtungstechnische Paradies! Allerdings ging schon in der zweiten Nacht der Plan zum ersten Mal schief. Nicht Verspätungen waren Schuld (die gab es damals auch schon!), ich hatte schlichtweg ein nächtliches Umsteigen verschlafen…

Alles in allem war es eine wundeŕschöne Reise. Die großen Städte hatten mich fasziniert (hatte ich schon erwähnt, dass Donaueschingen ein auch schon damals eher übersichtlicher Ort war?). Und was auch schon sehr wichtig war, es gab viel zu fotografieren!