Archiv für den Monat: August 2016

Pink Floyd, die Seychellen, Indien und ein französisches Weltkulturerbe

Juni 1988

Ohne die Musik von Pink Floyd wirklich zu kennen, hatte ich mir für ein Konzert auf dem Mannheimer Maimarktgelände ein Ticket gekauft.

Pink Floyd, Maimarktgelände Mannheim, 18. Juni 1988

Pink Floyd, Maimarktgelände Mannheim, 18. Juni 1988

Das Konzert war eine Offenbarung. Und Pink Floyd wurde – nach Deep Purple – zu meiner zweiten großen musikalischen Liebe. Und blieb es bis heute. Allerdings gab es nach Ende der Division-Bell-Tour 1995 – abgesehen von einem 20-minütigen Auftritt beim Live 8-Konzert im Jahr 2005 – kein einziges Konzert mehr von Pink Floyd. Die beiden Hauptprotagonisten von Pink Floyd, Roger Waters (er hatte die Band schon Mitte der 1980er Jahre verlassen) und David Gilmour, blieben aber weiterhin musikalisch aktiv, mit Soloalben und mit Konzerten.

März 2015

Meine Freude war groß als David Gilmour ein neues Album und eine Tour ankündigte, seine letzte Tour lag immerhin auch schon neun Jahre zurück. Dass mich diese Nachricht auf den Seychellen erreichte, machte die Freude nicht kleiner. Immerhin leben wir im Zeitalter des Internets.

Seychellen? Nicht gerade ein Reiseziel, das weit oben auf meiner Wunschliste stand. Aber besondere Ereignisse ergeben manchmal besondere Reiseziele. Und zu meiner eigenen Überraschung wurde es eine wunderbare Reise. Die Inseln – zusammen sind es über 100 – in den Weiten des Indischen Ozeans bieten weitaus mehr als Traumstrände und blaues Wasser (auch wenn sie gerade von diesen beiden Dingen sehr viel haben…), sie haben auch eine vielseitige, oft einzigartige Natur. Und immer nette Bewohner.

Traumstrand - Petit Anse, La Digue

Traumstrand – Petit Anse, La Digue


Blaues Wasser - Île St. Pierre, Indischer Ozean

Blaues Wasser – Île St. Pierre, Indischer Ozean


Einzigartige Natur - Seychellenpalme (Coco de Mer), Vallée de Mai, Praslin

Einzigartige Natur – Seychellenpalme (Coco de Mer), Vallée de Mai, Praslin

Zurück zu David Gilmour. Besser gesagt zu seiner angekündigten Tour. Der Tourplan für den Sommer 2015 war übersichtlich. Aber es gab einen wunderbaren Lichtblick: Zwei Auftritte in der Arena von Verona. Und da wir – wie schon erwähnt – in Zeiten des Internets leben, sollte der Vorverkaufsbeginn, der noch während des Seychellenurlaubs lag, kein Problem sein.

Sollte… Auch auf den Seychellen gibt es Internet, zumindest die Unterkünfte bieten es alle an. Aber… Am Tag des Vorverkaufsbeginn für die David-Gilmour-Konzerte war das Internet kaputt. Wohl nicht das ganze Internet, aber zumindest der Internetzugang in der Unterkunft, in der wir an diesem Tag waren. Es wurde nichts mit einer Ticketbestellung an diesem Tag. Und… Es wurde auch nichts mehr mit einer Ticketbestellung an einem anderen Tag. Denn als ich wieder ein Ticket hätte bestellen können, gab es keine mehr. Zumindest keine mehr für Verona. Klagen auf hohem Niveau, gar keine Frage. Aber enttäuscht war ich trotzdem.

Februar 2016

Fast ein Jahr später. Indien. Auch ein Reiseziel, dass bei mir gar nicht so weit oben auf der Wunschliste stand. Ich hatte nie richtig Lust auf das Land im Süden Asiens, aber trotzdem immer das Gefühl, es mal gesehen haben zu müssen. Und da ich auch das Gefühl hatte, dass Indien ein anstrengendes Reiseland sein muss, wäre es wohl besser nicht zu lange darauf zu warten.

Eine Vorstellung wie anstrengend Indien werden könnte, bekam ich schon zu Hause. Einen Flug dorthin zu buchen, kein Problem. Eine Fahrkarte mit der indischen Bahn zu buchen aber schon. Nicht dass die indische Bahn keine Webseite hätte, nein, dass ist nicht das Problem, das Problem fängt damit an, dass, man sich auf dieser indischen Webseite anmelden muss. Und eine Anmeldung geht nur, wenn man eine Email-Adresse hat (ok, habe ich) und eine indische Mobiltelefonnummer (ok, hatte ich nicht). Nur wenn man zwei Bestätigungscodes bekommt, einen an die Email-Adresse, einen per SMS an die indische Handynummer, kann man sich auf der Webseite anmelden und ein Ticket buchen. Eine nicht ganz einfache Hürde für Nicht-Inder. Was sie wohl auch in Indien bemerkt haben, so dass man – nach etwas Suchen – eine Webseite findet, die die indische Handynummer sozusagen simuliert. Und man am Ende beide Bestätigungscodes per Email bekommt.

Warum das mit dem Zugbuchen am Ende dann doch nicht geklappt hat, habe ich nie herausgefunden. Ich konnte einen Zug auswählen, diesen mit Kreditkarte bezahlen, der Betrag wurde sogar von der Kreditkarte abgebucht. Bis dann doch immer die Meldung kam, dass die Buchung fehlschlug. Fairerweise muss man sagen, dass der abgebuchte Betrag immer auch vollständig zurückgebucht wurde.

Aber eine Fahrkarte hatte ich trotzdem nicht. Am Ende war ich froh, dass es mit dem Zugbuchen nicht geklappt hatte. Über einen Indien-begeisterten Freund bekam ich Kontakt zu einem indischen Reiseunternehmer namens Balvinder. Reiseunternehmer ist vielleicht etwas viel gesagt, Balvinder bietet individuelle Fahrten mit eigenem Fahrzeug an. Das beste was uns für Indien passieren konnte. In Absprache legten wir vorab eine Reiseroute fest, beginnend in Delhi, vorbei am Taj Mahal, quer durch Rajasthan bis zur Wüste Thar und in Udaipur endend. Morgens wurden wir vom Hotel abgeholt, tagsüber zu den Sehenswürdigkeiten gebracht und zur nächsten Stadt gefahren, abends gab es wieder einen Übernachtungsvorschlag. Ein toller Service.

Old Delhi

Old Delhi


Taj Mahal

Taj Mahal


Fort Amber, Jaipur, Rajasthan

Fort Amber, Jaipur, Rajasthan


Dorf in der Wüste Thar

Dorf in der Wüste Thar


Lake Pichola, Udaipur, Rajasthan

Lake Pichola, Udaipur, Rajasthan

Als wir den zweiten Teil der Indienreise ohne Balvinder antreten mussten – es standen noch „Ausflüge“ nach Varanasi, Amritsar und Kerala auf unserem Programm -, waren wir schon traurig. Aber Indien ist groß, sehr groß sogar, fast zehnmal so groß wie Deutschland. Deshalb nutzen wir für unsere „Ausflüge“ das Flugzeug.

Ganges, Varanasi, Uttar Pradesh

Ganges, Varanasi, Uttar Pradesh


Goldener Tempel, Amritsar, Punjab

Goldener Tempel, Amritsar, Punjab


Backwaters, Kerala

Backwaters, Kerala

Innerindische Flüge haben nicht den besten Ruf. Ich kann mich nicht beklagen, Air India war zuverlässig und pünktlich, das Gepäck kam immer an. Ok, das mit der Pünktlichkeit muss ich ein bisschen relativieren. Verspätungen gab es teilweise schon, sie wurden aber immer schon weit vorab per SMS (an meine deutsche Handynummer!) mitgeteilt. Der Kontrollwahn an indischen Flughäfen ist aber schon ungewöhnlich. Ich habe gelernt, dass es durchaus möglich ist, auf dem Weg vom Wartebereich am Gate bis zum Sitzplatz im Flugzeug insgesamt sechsmal den Reisepass und die Boardingkarte kontrollieren zu lassen. Und das Einchecken in das Airport-Hotel in Delhi ist auch ein Erlebnis der besonderen Art…

Warum jetzt aber eine Indien-Abschweifung? Nicht, dass ich gerne mal abschweife…

Die Tour im Sommer 2015 war für David Gilmour nur der Anfang. Eine Fortsetzung sollte es 2016 geben. Gehofft hatte ich das ja schon. Ein entsprechender Newsletter erreichte mich – der geneigte Leser, der es bis hier her geschafft hat, vermutet es schon – in Indien. Und natürlich gibt es auch in indischen Hotels freies WLAN (natürlich ist natürlich relativ, wenn man sich die Trostlosigkeit deutscher Hotels beim Thema freies WLAN ansieht…). Meist sogar in ziemlich guter Qualität. Aber nicht immer, zumindest nicht immer in allen Ecken des Hotels. So kam es, dass ich am Abend des Vorverkaufbeginns für die 2016er David-Gilmour-Konzerte in einem Hotelzimmer mit eher – nennen wir es mal so – limitierter Internetqualität saß. Ich hatte aber auch genau an diesem Abend ein etwas – nennen wir diesen Teil mal – mulmiges Magen-Darm-Gefühl. Und wollte das Zimmer im Hotel in Jodhpur nicht verlassen.

Mehrangarh Fort Jodhpur

Mehrangarh Fort Jodhpur


Jodhpur - Sonnenuntergang über der Blauen Stadt

Jodhpur – Sonnenuntergang über der Blauen Stadt


Jaswant Thada Jodhpur

Jaswant Thada Jodhpur

Obwohl auch 2016 wieder zwei Termine in der Arena von Verona auf dem Tourplan von David Gilmour standen, entschied ich mich für die Saline Royale d’Arc-et-Senans im östlichen Frankreich als Konzertort, insbesondere weil sich der Termin des Konzertes hervorragend für eine Geburtstagsreise eignete (und auch noch die Arena von Verona im Tourplan von Adele stand…).

Der Ticketverkauf lief über einen französischen Konzertveranstalter. Seine Webseite bietet zwar auch eine Umschaltung auf Englisch an, aber immer dann, wenn es spannend wird, sprich, man sollte verstehen, was man auswählt, wird die Webseite wieder sehr französisch. Und da meine Französisch-Kenntnisse sehr, sehr limitiert sind (was unter anderem an einer mir heute nicht mehr ganz nachvollziehbaren Entscheidung zu Schulzeiten, Alt-Griechisch statt Französisch als dritte Fremdsprache zu nehmen, liegen möge…), war die Ticketbuchung auch Glücksspiel. Dass die Webseite noch dazu aufgrund der schlechten Internetqualität dann auch noch mehrmals gerade beim Zahlvorgang streikte, brachte meine Zuversicht, dass das mit dem Konzert klappen würde, nicht gerade in neue Höhen. Aber irgendwann kam eine Email-Bestätigung – natürlich auf Französisch. Und ich war mir sicher, dass ich zwei Tickets gekauft hätte.

Der eine oder andere wird sich gefragt haben, wo denn die Saline Royale d’Arc-et-Senans ist. Ich habe mich das auch gefragt, ich wusste, dass es in der Nähe von Besançon sein musste. Und fand heraus – auch langsames Internet hilft da weiter -, dass die Königliche Saline ein Weltkulturerbe etwa 30 Kilometer südlich von Besançon ist. In einer Gegend wo es nach ziemlich viel Gegend aussieht. Um nach dem Konzert nicht noch ewig fahren zu müssen, wollte ich mich auch gleich noch um eine Unterkunft kümmern. Gesagt, getan.

Juli 2016

Bis wenige Tage vor dem Beginn der Reise nach Frankreich war ich der Überzeugung, dass es vom Hotel bis zum Ort des Konzertes nur ungefähr 100 Meter sein werden. Dem war allerdings nicht so. In meiner Euphorie hatte ich übersehen, dass es sich bei besagtem Weltkulturerbe um eine Stätte mit zwei Standorten handelte, der eine ist die Große Saline in Salins-les-Bains, der andere die Königliche Saline in Arc-et-Senans.

Die 100 Meter vom Hôtel des Deux Forts zu den Salines de Salins-les-Bains

Die 100 Meter vom Hôtel des Deux Forts zu den Salines de Salins-les-Bains


Saline Royale d’Arc-et-Senans

Saline Royale d’Arc-et-Senans

Nicht schwer zu raten: Das Hotel war 100 Meter von der Großen Saline in Salins-les-Bains entfernt, das Konzert war aber in der Königlichen Saline in Arc-et-Senans. Es gibt größere Dramen, noch dazu weil die beiden Stätten nur etwa 16 Kilometer voneinander entfernt sind. Und wir einen Mietwagen hatten. Und sich das Wetter an jenem Abend – im Widerspruch zur Wettervorhersage – traumhaft gestaltete. Und das wichtigste: Das Konzert von David Gilmour war der Hammer. Fast drei Stunden Pink-Floyd-Klassiker (allein für das wie immer unglaubliche Gitarrensolo von Comfortably Numb hatte sich der Aufwand gelohnt!) und David-Gilmour-Solonummern. Dass es nach Konzertende (es war 20 vor 1) noch fast zwei Stunden zum 16 Kilometer entfernten Hotelbett (das genaugenommen nicht mal eines war…) dauern sollte, spielte für mich an diesem Abend keine Rolle mehr.

Saline Royale d’Arc-et-Senans: Konzert von David Gilmour

Saline Royale d’Arc-et-Senans: Konzert von David Gilmour


Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour - Comfortably Numb

Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour – Comfortably Numb


Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour

Saline Royale d’Arc-et-Senans: David Gilmour