Archiv für den Monat: Januar 2010

Wie es mit dem Reisen anfing

Meine erste Reise, die ich unabhängig von Eltern und Schule unternahm, war eine Reise durch Deutschland. 1984 mit dem Tramper-Monats-Ticket. Im heutigen Deutsch der Bahn wäre das dann wohl eine BahnCard 100 U23. Man konnte damit einen ganzen Monat lang kreuz und quer durch das damalige West-Deutschland fahren, ohne irgendwelche Zuschläge zahlen zu müssen. ICE’s gab es ja noch nicht, aber insbesondere auch für die Intercity’s, die damals noch ihren Namen verdient hatten, mußte kein Zuschlag bezahlt werden.

Die Idee mit dem Tramper-Monats-Ticket fiel nicht einfach vom Himmel. Der Auslöser war mein Geburtstag im Jahr zuvor, also 1983. An diesem Tag machte ich einen Tagesausflug zum Hamburger Hafen. Das klingt jetzt noch nicht so spektakulär, wenn man vielleicht in Kiel oder Lübeck wohnt. Ich lebte aber in Donaueschingen. Und Donaueschingen liegt so ziemlich am anderen Ende Deutschlands. Die Deutsche Bundesbahn hatte aber dieses Angebot, dass alle Geburtstagskinder (bis zum 16. Geburtstag) an ihrem Geburtstag umsonst Zug fahren dürften.

Bahnfahrkarte 22. Juli 1983

Bahnfahrkarte 22. Juli 1983

Was lag da näher als dann mal nach Hamburg zu fahren. Es hätten auch viele andere Städte sein können, denn außer Stuttgart, München und Berlin hatte ich bis dahin noch nicht viel von Deutschland gesehen. Aber da die Zugfahrt ja umsonst war (und ich schon immer mal so richtig weit Zug fahren wollte), fiel die Wahl auf Hamburg. Viel Zeit blieb dann in Hamburg natürlich nicht. Letztendlich reichte es nur zu einer Hafenrundfahrt. Aber diese war großartig. Als Landratte hatte ich noch nie so viele und so große Schiffe gesehen (genaugenommen hatte ich noch nie eines gesehen…). Auch die Bahnfahrt selbst war toll. Die Infektion durch den Reisevirus war da.

Nach einer sicher nicht einfachen Überzeugungsarbeit bei meinen Eltern (ich war ja erst 17) und dem Versprechen eines täglichen Anrufes zu Hause (was auch in Vor-Handy-Zeiten schon möglich war…) ging es im Sommer 1984 dann richtig los. Ich hatte mich akribisch vorbereitet. Die Auswahl der Städte war schnell getan. Alle, die eine gewisse Größe hatten, wollte ich mir ansehen. Um das insbesondere zeitlich zu optimieren (eine Einschränkung für die Reise war, dass ich aufgrund eines Ferienjobs nur 2 Wochen Zeit hatte), hatte ich die Fremdenverkehrsämter aller ausgewählten Städte angeschrieben (das World Wide Web sollte erst 5 Jahre später erfunden werden!) und um Informationen und insbesondere einen Stadtplan gebeten. Zweite wichtige Unterlage waren die „Städteverbindungen“ der Bundesbahn, eine Zusammenfassung der wichtigsten Fernverkehrsverbindungen in Deutschland. Mit diesen beiden Informationsquellen entstand ein praktisch minutengenauer Plan der Reise.

Tramper-Monats-Ticket

Tramper-Monats-Ticket

Feste Übernachtungsstätten gab es nicht (ein Reiseprinzip, dass ich noch ein paar Jahre beibehalten sollte), denn es gab ja die Nachtzüge. Sie waren nicht nur billig (ich hatte ja das Trampermonatsticket), sie brachten einen auch immer weiter. Um aber auf eine gewisse Anzahl an Stunden an Schlaf zu kommen, mußte man kreativ sein, d.h. zum Beispiel nicht einfach den direkten Zug von Frankfurt nach Hamburg nehmen, sondern vorher noch in München umsteigen. Wenn man dann noch ein nicht vollbesetztes Abteil bekam, war das (damals!) das übernachtungstechnische Paradies! Allerdings ging schon in der zweiten Nacht der Plan zum ersten Mal schief. Nicht Verspätungen waren Schuld (die gab es damals auch schon!), ich hatte schlichtweg ein nächtliches Umsteigen verschlafen…

Alles in allem war es eine wundeŕschöne Reise. Die großen Städte hatten mich fasziniert (hatte ich schon erwähnt, dass Donaueschingen ein auch schon damals eher übersichtlicher Ort war?). Und was auch schon sehr wichtig war, es gab viel zu fotografieren!